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Weil Du nicht da bist - „Spielarten der Liebe“ - Südkurier
„Weil du nicht da bist" bringt das große Gefühl schwungvoll und anrührend in die Spiegelhalle
Vom Ende der Liebe kann keine Rede sein. Mag sie sein, was sie will, Einbildung, Krankheit oder das Edelste, was Menschenherzen zustande bringen - allein, dass über sie gesungen, gereimt, sinniert und komponiert wird, beweist ihre Gewalt. Zumindest die Sehnsucht nach ihr.
„Weil du nicht da bist" - Mascha Kalékos Liebesgedicht gibt diesem Liebesreigen in der Spiegelhalle den so einfachen wie alles umfassenden Titel. Erstaunlicherweise ist es das Junge Theater, das den Veranstaltungsrahmen liefert; wo es doch zuweilen so abgeklärt zugeht auf der Bühne, die von Jessica Rust gleich zu Anfang mit Mengen von quietschbunter Plastikblumen eingedeckt wird.
Man wird auf ihnen herumtrampeln, sie sich jedoch auch aufs Zarteste einander schenken, man wird sich lieben, hassen, vor Verlangen vergehen und manchmal wenn auch kurze Erfüllung finden. Jan Langenheim hat mithilfe von sieben Ensemble-Mitgliedern, dem Beatboxer Ingo Bloedt, Paul Amrod und seiner Combo sowie prickelnder Liebeslyrik eine wundervolle vorweihnachtliche Gefühlsduselei als Uraufführung auf die Bühnenbretter gebracht.
Ob der griechischen Lyrikerin Sappho 600 vor Christus auf der Insel Lesbos das Herz still stand angesichts des oder der Geliebten, oder Udo Lindenberg die Herzen der stolzesten Frauen bricht: Das Thema stürzt sein Publikum in so gefühlstrunkene wie nüchterne Verwirrung. Wie könnte es auch anders sein angesichts seiner Tragweite. Die desillusionierte Liebende von Sophie Köster, die Liebesperformerin Kristin Muthwill, die Romantikerin Jessica Rust, die Außenseiterin Susi Wirth - Katharina Schirmer hat den Frauenfiguren im Liebesspektakel jeweils ein Outfit angepasst, das ihre Rolle ironisch bricht, ihnen jedoch eine Anrührigkeit lässt, die den Themenabend zur Herzensangelegenheit macht.
Die Freuden der Liebe, die Anstrengung, die sie bedeuten kann, die Frage, wie der ideale Kuss sein muss, die Zweifel, die Verlassenheit, der Hass bis hin zur Todessehnsucht. Alles da, mal richtig eindringlich ernst, mal ein bisschen geblödelt oder etwas verschnulzt. Thomas Ecke, Maximilian Hemmersdorfer, Frank Lettenewitsch und Ingo Bloedt sind die Männer in diesem Liebesspiel, denen es an Sinn für die Liebe manchem Gemeinplatz zum Trotz nicht fehlt. Ob letztlich die Sehnsucht schwerer wiegt als die Erfüllung, ob der Liebesschmerz gravierender ist als die Liebesfreud' - solche Fragen kann man sich stellen in der Spiegelhalle. Die Frage, ob es die Liebe gibt, hat sich am Ende von selbst beantwortet.
05.12.2011